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WAZ

Der Citroën 2CV ist jedem Autokenner ein Begriff. Als „Ente“ kennt ihn fast jedermann. In Altenessen widmet man sich den alten Automobilen.


Das Schild mit der Aufschrift „Le petit garage“ über der Hofeinfahrt – das erste A hat die Form des Eiffelturms – übersieht man als Autofahrer schnell, obwohl der Palmbuschweg viel befahren, aber keine Rennstrecke ist. Laufkundschaft ist es aber ohnehin recht selten, die nach der „Kleinen Garage“ sucht. Es sind Citroën-Besitzer, besonders solche, deren Gefährte nicht in jüngster Vergangenheit vom Band rollten. Zu Sebastian Tepper und seinem Vater kommen Liebhaber eines Modells aus Frankreich, das in seiner Hochzeit für Alltagstauglichkeit und Individualität zugleich stand: 2CV oder – wie die meisten Deutschen sagen: Ente. Ein Auto, das man heutzutage nur noch selten im Straßenbild sieht.

Ente mit Camping-Anhänger
Wer die Hofeinfahrt nicht verpasst, sondern im Schritttempo durchfährt, taucht in eine andere Welt ein. Der Lärm vom Palmbuschweg ist verhallt. Links, am Zaun zum Nachbargrundstück, reihen sich verschiedene Citroën-Modelle. Berlingos zum Beispiel, die kleinen Kombis, von Handwerkern wie Familien geschätzt. „Unter der Plane dort verbirgt sich ein DS 25“, sagt Sebastian Tepper. „Darin ließen sich früher alle Vorstandschefs chauffieren“, fügt Siegfried Tepper hinzu. Wofür das Herz von Sohn und Vater, der trotz Ruhestands fast täglich vorbeischaut, am heftigsten schlägt, steht mitten auf dem Hof, vor dem weiß gestrichenen Gebäude, in dem sich die Werkstatt und das Büro befinden. Und das ist heute ein besondere Ente, nicht nur wegen der rot-braunen Sonderlackierung. „Das ist eine umgebaute halbe Ente“, zeigt Siegfried Tepper auf den Camping-Anhänger, in dem zwei Menschen bequem Platz haben – eine Musikanlage und ein kleiner Bildschirm inklusive

 

Rote Ente aus dem ARD-Morgenmagazin wurde für den TÜV fit gemacht
Das knallrote Modell auf der Hebebühne springt noch mehr ins Auge. Es ist die Ente des Morgenmagazins der ARD, wie in weißen Buchstaben zu lesen ist. „Sie gehört einem Kameramann aus Oberhausen, der schon länger zu unseren Kunden gehört“, erzählt Siegfried Tepper. Für die Moma-Ente ist es nur eine Zwischenstation. Nach der TÜV-Abnahme geht’s es wieder zur Frauenfußball-WM nach Frankreich, wo das Auto im Sportteil der morgendlichen Sendung in der Kulisse zu sehen ist.
Vorgaben des Direktors Pierre-Jules Boulanger
Die Begeisterung für das Auto mit den runden Formen teilt nicht jeder. Seinen Ursprung kennen auch nur die wenigsten. „Entwerfen Sie ein Auto, das Platz für zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln oder ein Fässchen Wein bietet, mindestens 60 Stundenkilometer schnell ist und dabei nur drei Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht. Außerdem soll es selbst schlechteste Wegstrecken bewältigen können und so einfach zu bedienen sein, dass selbst eine ungeübte Fahrerin problemlos mit ihm zurechtkommt. Es muss ausgesprochen gut gefedert sein, so dass ein Korb voll mit Eiern eine Fahrt über holprige Feldwege unbeschadet übersteht. Und schließlich muss das neue Auto wesentlich billiger sein als unser ‚Traction Avant‘. Auf das Aussehen des Wagens kommt es dabei überhaupt nicht an.“ Das soll Citroën-Direktor Pierre-Jules Boulanger 1934 von seinen Konstrukteuren gefordert haben.
Ein gut renoviertes Modell des 2CV kostet heute ab 15.000 Euro
Siegfried Tepper lernte bei einem Citroën-Haus, war später viele Jahre Betriebsleiter in Essen und verkaufte 1990 das letzte 2CV-Modell in Essen. Dann machte er sich selbstständig. Er suchte eine Nische und blieb bei der Marke Citroën („Ich kann nix anderes“). Bereut hat er es nicht. „Zu uns kommen keine Leute auf den Hof und sagen: Mach’ billiger“, sagt Siegfried Tepper. Der typische Enten-Fahrer sei eher älter und die Ente ein Zweitwagen. „Viele holen sich mit einer Ente Erinnerungen an die Jugend zurück.“ Oder an besondere Ereignisse. So wie der ältere Herr, der einst auf den Werkstatthof mit dem Bild einer Ente, Modell Charleston, rollte. „Können sie so ein Auto bauen?“, lautete seine Frage. Die Teppers konnten – und der Mann konnte mit seiner Frau die Hochzeitsreise 50 Jahre später noch einmal machen.
In den 1990er-Jahren war die Ente nicht mehr so gefragt. Die letzten, die vom Band rollten, waren für 9000 Mark zu haben. Heute gibt es gut renovierte Modelle gerne ab 15.000 Euro.
Sebastian Tepper fuhr zur Trauung in der „Göttin“
Wie der Vater so der Sohn. Sebastian Tepper ist auch Meister und als Mechatroniker kennt er sich der modernen Technik aus. Trotzdem hat ihm das Alte angetan. „Heute kommen unsere Kunden aus einem Umkreis von 400 Kilometern“, sagt Sebastian Tepper. Manchmal aber auch darüber hinaus. „In Frankreich wird erst in den letzten Jahren auf solche Autos Wert gelegt. Deshalb haben wir auch zwei Kunden aus der Normandie und Burgund. Wenn andere Schrauber nicht mehr weiter wissen, sind wir gefragt.“
In Deutschland soll es noch 8000 Enten geben
Gegründet wurde die Firma Citroen von André Citroën (1878 – 1935). Im Jahr 1919 betrat der Konstrukteur die Szene. Das Firmenzeichen symbolisiert die Doppelwinkel-Form eines Getriebe-Radzahns, das der Firmengründer von einer Studienreise mitbrachte und patentieren ließ.
Laut Kraftfahrtbundesamt sollen in Deutschland noch etwa 8000 Fahrzeuge vom Typ Citroën 2CV angemeldet sein. Zwischen Sommer 1949 und Mitte 1990 wurden 3.868.631 Limousinen und 1.246.335 Lieferwagen (so genannte Kasten-Enten) hergestellt. Von der Sahara-Ausführung – 4x4 mit zwei Motoren und Allradantrieb – wurden insgesamt 694 Stück gebaut.
„In den 70er-Jahren fuhr man als Student Ente und nicht Käfer“, sagt Siegfried Tepper. Der 68-Jährige verkaufte nicht nur Enten, er fuhr sie auch selbst. Und ging mit der Familie so auf Urlaubsreisen. Voll beladen mit zwei Zylindern, 29 PS, 604 Kubikzentimeter und Tempo 60 durch Europa. Der Weg war das Ziel. „Mit drei Personen und einer Kühltasche war das Auto voll“, schmunzelt der Senior. 1400 Kilometer nach Katalonien werden da zu einer Frage des Sitzfleisches.


 

Dass Siegfried Tepper vor 18 Jahren in einer Ente zur Hochzeit fuhr, überrascht nicht wirklich. Ebenso wenig, dass Sohn Sebastian vor sechs Jahren mit einem Citroën DS 21 („Göttin“) zur Trauung vorrollte. Im Alltag fahren beide natürlich Citroën, wenn auch keine Ente. „Ich passe ja nicht mehr rein“, feixt der Vater, der wie sein Sohn einen Wohnwagen besitzt.
Und wohin geht’s in den Urlaub? Siegfried Tepper zieht die Augenbrauen fast schon furchterregend nach oben. „Was für eine Frage! Natürlich nach Frankreich!“